Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil die Frage entschieden, ob ein abberufener Geschäftsführer für Schäden haftet, die nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer begründet werden.
In dem Fall nahm ein Kläger die Erbin des Geschäftsführers einer insolventen Gesellschaft (im Folgenden “Schuldnerin") auf Schadensersatz wegen Seefrachtcontainer-Anlagen in Anspruch.
Das Geschäftsmodell der Schuldnerin geriet 2007 in Schieflage. Sie verwendete vereinnahmte Kaufpreise nicht mehr bestimmungsgemäß zur Beschaffung von Containern, sondern zur Erfüllung von Ansprüchen von anderen Anlegern, wodurch ein Schneeballsystem entstand. Anfang 2018 brach das System zusammen, weil nicht mehr genügend neue Anlegergelder zur Befriedigung der Altanleger eingeworben werden konnten. Der Erblasser war von 2013 bis 2016 Geschäftsführer der Gesellschaft und weiterer Gesellschaften aus dem Unternehmensverbund. Er starb 2018.
Der Kläger schloss sechs Anlageverträge in der Zeit von 2013 bis 2015 und weitere 2017. Er zahlte dafür rund 300 T€ und erhielt Zahlungen iHv rd. 66 T€.
Er nahm die Beklagte als Erbin des Geschäftsführers auf Schadensersatz in Höhe der Differenz, also von rd. 234 T€ in Anspruch. Das Landgericht gab der Klage hinsichtlich der ersten sechs Verträge statt und wies sie wegen der weiteren Verträge ab. Später wurde über den Nachlass des verstorbenen Geschäftsführers ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Rechtsstreit wurde fortgesetzt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Klägers ab.
Der BGH hob das Urteil auf die Revision beider Parteien auf. Es bedürfe weiterer Feststellungen zur Höhe der Forderungen. Soweit das Oberlandesgericht eine Haftung des Geschäftsführers für die Verträge nach dessen Abberufung verneinte, verwies der BGH darauf, dass der Geschäftsführer auch für Schäden hafte, die nach seiner Abberufung eintreten, soweit sich das durch den Geschäftsführer geschaffene Risiko bei Abschluss des Vertrages weiter auswirkt. Das sei hier der Fall.
Das Urteil führt noch einmal deutlich vor Augen: Bei Insolvenzreife entzieht sich ein Geschäftsführer nur dann sicher einer Haftung, indem er rechtzeitig Insolvenzantrag stellt. Tut er das nicht und legt er statt dessen sein Amt nieder, riskiert er, dass er für sämtliche auch nach seiner Abberufung begründete Schäden verantwortlich gemacht wird. Das mündet oft in der eigenen Insolvenz des Geschäftsführers.