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OLG Celle zu Parteiverrat durch Anwalt bei Vertretung mehrerer Gläubiger in Insolvenzverfahren

Ein Anwalt kann sich des Parteiverrats nach § 356 StGB schuldig machen, wenn er in einem Insolvenzverfahren mehrere Gläubiger vertritt und ein Interessenkonflikt zwischen ihnen zu Tage tritt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hatte sich jüngst mit einem solchen Fall zu befassen. Das Ausgangsgericht, das Landgericht Hildesheim, hatte einen Anwalt wegen Parteiverrats verurteilt. Dieser war in einem Insolvenzverfahren von zwei Mandantinnen beauftragt worden, deren Forderungen durchzusetzen. Er vermutete, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin der Insolvenzmasse Vermögen vorenthielt und hielt es für angezeigt, den Gläubigerausschuss teilweise neu zu besetzen. Er nahm über einen ihm bekannten Kollegen Kontakt zu weiteren Gläubigern auf, von denen er wusste, dass sie Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin hatten, und wurde von einem Gläubiger bevollmächtigt, ihn in der Gläubigerversammlung zu vertreten. Zwei weitere Gläubiger folgten dem Beispiel. Der Anwalt sagt zu, keine Kosten zu erheben. Ob deren Forderungen berechtigt waren, prüfte er nicht. Eine seiner Mandantinnen wurde auf seine Initiative hin als weiteres Mitglied in den Gläubierausschuss aufgenommen. Im Prüfungstermin bestritt er einige der angemeldeten Forderungen, darunter eine Forderung eines der neu hinzugewonnenen Mandanten in Höhe von ca. 60.000,00 €. Die Anmeldung sei nicht schlüssig. Der Insolvenzverwalter hatte die Fordeurngen nicht bestritten. Sie wären festgestellt worden. 

Das Landgericht sah darin einen Parteiverrat nach § 356 StGB. Es stützte sich dabei auf die Aussagen der als Zeugen gehörten (neuen) Mandanten. Der Anwalt verteidigte sich damit, die Vollmacht der neuen Mandanten sei nur darauf gerichtet gewesen, den Gläubigerausschuss neu zu besetzen. 

Das OLG wies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück. Die Beweiswürdigung sei fehlerhaft. Das Landgericht habe sich nicht (ausreichend) damit beschäftigt, welche Vorstellungen der Anwalt bei Annahme des Auftrages hatte. Es habe auch nicht festgestellt, ob die von ihm bestrittenen Forderungsanmeldungen tatsächlich unschlüssig waren. Der Schriftverkehr zwischen den Parteien könne so verstanden werden, dass der Anwalt keinen Auftrag zu bestmöglichen Vertretung dieser neuen Auftraggeber annehmen wollte. Dies habe das Landgericht in seiner Urteilsbegründung nicht ausreichend berücksichtigt. 

Es verwies den Fall zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück und wies unter anderem darauf hin, dass widerstreitende Interessen nicht schon dann bestehen, wenn ein Anwalt sich verpflichtet, mehrere Gläubiger gegen denselben Schuldner zu vertreten. Bevorzugt ein Anwalt aber einen der Glubiger vor den anderen Gläubigern, liegt eine Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages vor. Dem kann der Anwalt nur durch Mandatsniederlegung entgehen.