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Bundesarbeitsgericht zum Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit dem Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beschäftigt.

In dem Fall war der Arbeitnehmer eines Zeitarbeitsunternehmens seit dem 2. Mai arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeit wurde ihm zunächst bis zum 6. Mai bescheinigt .Am 3. Mai kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai. Der Arbeitnehmer legte in der Folge zwei weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, erst bis zum 20. und dann bis zum 31. Mai, vor. Am 1. Juni war er wieder arbeitsfähig. Zu diesem Zeitpunkt nahm er ein neues Arbeitsverhältnis auf. Er verlangte Lohnfortzahlung, die die Arbeitgeberin mit der Begründung verweigerte, es liege eine auffallende Koinzidenz zwischen der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist vor. Dadurch sei der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der auf Lohnfortzahlung gerichteten Klage des Arbeitnehmers statt.

Das Bundesarbeitsgericht hob die Entscheidung hinsichtlich der Stattgabe der Zahlungsklage für die Zeit nach dem 6. Mai auf und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Der Beweiswert der ersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei durch die Beklagte nicht erschüttert worden. Die Kündigung sei dem Kläger erst nach Ausstellung dieser Bescheinigung zugegangen.

Den Beweiswert der zweiten und dritten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe die Beklagte jedoch mit dem Verweis auf die auffallende Koinzidenz zum Ende des Arbeitsverhältnisses erschüttert. Die ersten beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien darüber hinaus jeweils bis zu einem Freitag, die dritte dann "passgenau" zum Ende des Arbeitsverhältnisses ausgestellt worden.

Das Zusammentreffen derart ungewöhnlicher Umstände begründe Zweifel am Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Dabei sei zu beachten, dass ein Arbeitgeber wenig Möglichkeit habe, den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern und daran deshalb keine überhöhten Anforderungen zu stellen seien.

Hinsichtlich der Beweissituation sei die Lage damit so, wie vor Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheingung. Es sei am Kläger, seine Erkrankung mit anderen Beweismitteln als der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu beweisen. Hier käme die Einvernahme des behandelnden Arztes in Betracht, den der Kläger bereits von seiner Schweigepflicht entbunden hatte.

Die Entscheidung des BAG, mit der das Gericht seine bisherige Rechtsprechung fortführt, bedeutet für den in der Praxis nicht selten anzutreffenden Fall der Vorlage des "Krankenscheins" nach Ausspruch einer Kündigung, dass Arbeitgeber diese nicht wehrlos akzeptieren müssen. Vielmehr lohnt ein Blick auf die konkreten Umstände, um ungerechtfertigte Zahlungen zu vermeiden.