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Bundesarbeitsgericht zu Schmähkritik

In einer aktuelleren Entscheidung beschäftigte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage, ob Äußerungen einer Arbeitnehmerin als Schmähkritik anzusehen sind, die die verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Die Arbeitnehmerin hatte sich in einer E-Mail an den Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens, bei dem sie beschäftigt war, über ihren Vorgesetzten beschwert und diesen unter anderem als "unterbelichteten Frauen- und Ausländerhasser" bezeichnet. "Kein Jude" habe "in diesem Land jemals solche seelischen Qualen erleiden" müssen wie sie. Sie würde es als unfair erachten, wenn der Vorstandsvorsitzende von den Zuständen aus der Presse erfahren müsste. In einer weiteren, an den Vorgesetzten und weitere Mitarbeiter gerichteten E-Mail mit dem Betreff "Lebenswerk der unfähigen Führungskräfte" warf sie dem Vorgesetzten unter anderm vor, nicht zwischen "Kosten und Preis" unterscheiden zu können. Die Arbeitgeberin forderte die Arbeitnehmerin daraufhin unter Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf, diese Äußerungen zurückzunehmen und sich bei den betroffenen Personen zu entschuldigen. Das lehnte die Arbeitnehmerin ab. Gegen die daraufhin ausgesprochene ordentliche Kündigung erhob sie Klage, die das Ausgangsgericht abwies. 

Das BAG sah dies anders und verwies die Sache an das Ausgangsgericht zurück. Schmähkritik könne grundsätzlich zur verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen . Sie liege jedoch nur dann vor, wenn jenseits überspitzter und polemischer Kritik nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache sondern nur noch die Diffamierung der Person im Vordergrund stehe. Wesentliches Merkmal sei eine das persönliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung. Hält ein Gericht eine Äußerung fälschlich für Schmähkritik und wägt deshalb die Grundrechtspositionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht mehr ab, führt allein das bereits zur Aufhebung der Entscheidung. Die Bezeichnung "unterbelichteter Frauen- und Ausländerhasser" sei nicht als Schmähkritik einzustufen, denn sie stehe im Zusammenhang mit von der Arbeitnehmerin geschilderten Situationen. Die Äußerungen über seine fachlichen Fähigkeiten seien ebensowenig Schmähkritik, denn damit kritisiere sie - zwar in einseitiger und überzogen scharfer Weise - die ihres Erachtens bestehenden Leistungsdefizite des Vorgesetzten. Auch der NS-Vergleich sei keine Schmähkritik, denn sie beziehe ihn auf von ihr als demütigend empfundene Verhaltensweisen, so dass ihr sachliches Anliegen nicht völlig in der Hintergrund tritt.

Einzig in der Drohung, sich trotz der intern angestoßenen Konlfiktlösungsmechanismen an die Öffentlichkeit zu wenden, könnte ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund zu sehen sein. Dazu müsse das Ausgangsgericht - das Landesarbeitsgericht - aber noch feststellen, dass die Drohung ein eigenständiger Kündigungsgrund und nicht nur ein ergänzender Aspekt sei.